BRICS-Beitritt der Türkei: Auswirkungen auf Nordzypern?

Die Türkei hat im September 2024 offiziell einen Antrag auf Mitgliedschaft in der BRICS-Gruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) gestellt. Dieser Schritt wird als Teil einer Strategie gesehen, die Türkei geopolitisch breiter aufzustellen und sich unabhängiger von westlichen Institutionen wie der NATO und der EU zu machen. Präsident Erdoğan versucht dabei, die Türkei als Bindeglied zwischen Ost und West zu positionieren, ohne dabei ihre Mitgliedschaft in der NATO aufzugeben.

Der Beitritt zu BRICS wird von der türkischen Regierung als potenziell vorteilhaft angesehen, um die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Ländern wie Russland und China zu stärken und den Zugang zu alternativen Finanzierungsquellen zu verbessern. Dies kommt in einer Zeit, in der die Türkei auf Hindernisse im EU-Beitrittsprozess stößt und die wirtschaftlichen Beziehungen zum Westen zunehmend belastet sind.

Nordzypern gilt nun international als von der Türkei besetztes Gebiet. Welche Auswirkungen hätte deren BRICS-Mitgliedschaft auf das Land?

Ein Beitritt der Türkei zur BRICS-Gruppe könnte erhebliche geopolitische Auswirkungen auf Nordzypern haben, das international als besetztes Gebiet gilt. Obwohl die Türkische Republik Nordzypern (TRNZ) nur von der Türkei anerkannt wird, dürfte eine engere Anbindung der Türkei an BRICS-Länder wie Russland und China das Kräfteverhältnis auf der internationalen Bühne beeinflussen.

1. Internationale Anerkennung und Unterstützung: Nordzypern ist international weitgehend isoliert. Wenn die Türkei der BRICS-Gruppe beitreten würde, würde dies möglicherweise dazu führen, dass Nordzypern in BRICS-nahen Kreisen größere Unterstützung erfährt. Insbesondere Russland und China, die in ihren außenpolitischen Positionen oft auf Prinzipien der Nichteinmischung pochen, könnten versuchen, die Frage der Zypern-Teilung aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass dies zu einer formalen Anerkennung führt, da viele BRICS-Länder diplomatisch mit Zypern, der international anerkannten Regierung, verbunden sind.
2. Wirtschaftliche Vorteile: Ein BRICS-Beitritt sollte der Türkei neue Handels- und Investitionsmöglichkeiten eröffnen, die sie möglicherweise zur wirtschaftlichen Unterstützung von Nordzypern nutzen könnte. Dies würde zwar vielleicht die wirtschaftliche Abhängigkeit Nordzyperns von der Türkei weiter verstärken, aber auch potenziell Investitionen in die Infrastruktur und lokale Wirtschaft bringen, wenn neue Märkte und Ressourcen zugänglich werden.
3. Spannungen mit der EU und NATO: Ein BRICS-Beitritt der Türkei würde eventuell die Spannungen mit westlichen Institutionen, insbesondere der EU und der NATO, verschärfen. Da Zypern ein EU-Mitglied ist, könnte dies die Verhandlungen über eine Lösung des Zypern-Konflikts erschweren. Die Türkei wiederum wäre  in einer stärkeren Position, ihre Ansprüche auf Nordzypern zu verteidigen, was den Verhandlungsprozess weiter komplizieren könnte.
4. Veränderung der Militärpräsenz: Die Türkei könnte ihre militärische Präsenz in Nordzypern weiter stärken, wenn sie sich sicherer fühlt, durch ihre neuen geopolitischen Allianzen weniger auf westliche Rückschläge angewiesen zu sein. Ein BRICS-Beitritt würde möglicherweise eine Neuausrichtung der türkischen Verteidigungspolitik fördern, auch in Bezug auf die strategische Bedeutung Nordzyperns.

EXKURS: BRICS

BRICS ist eine internationale Gruppe von Schwellenländern, die sich auf wirtschaftliche Zusammenarbeit und politische Koordination konzentriert. Der Name BRICS steht für die Anfangsbuchstaben der fünf ursprünglichen Mitgliedsländer: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Der Zusammenschluss wurde im Jahr 2006 als BRIC gegründet, als die ersten vier Länder begannen, regelmäßige Treffen zur Förderung der multilateralen Zusammenarbeit abzuhalten. 2010 trat Südafrika bei, und seither ist die Gruppe als BRICS bekannt.

Mitglieder:

1. Brasilien
2. Russland
3. Indien
4. China
5. Südafrika

Expansion:

Im August 2023 wurde beschlossen, die Gruppe zu erweitern, und Ägypten, Iran, die Vereinigten Arabischen Emirate, Argentinien, Äthiopien und Saudi-Arabien wurden als neue Mitglieder ab 2024 eingeladen.

Ziele und Zweck:

BRICS hat mehrere wirtschaftliche und politische Ziele:

1. Förderung von wirtschaftlichem Wachstum und Handel: Die Länder wollen ihre wirtschaftliche Macht durch verstärkten Handel und Zusammenarbeit ausbauen. Sie vertreten etwa 40 % der Weltbevölkerung und tragen zu etwa einem Viertel des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) bei.
2. Widerstand gegen westlich dominierte Institutionen: BRICS will eine Alternative zu westlich dominierten Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank schaffen. Dafür wurde die Neue Entwicklungsbank (NDB) gegründet, die Kredite für Infrastrukturprojekte in den Mitgliedsländern vergibt.
3. De-Dollarisierung: Die Länder streben danach, den US-Dollar in internationalen Handelsbeziehungen zu reduzieren und vermehrt in eigenen Währungen oder alternativen Zahlungsmitteln zu handeln. Dies soll die wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA und dem Westen verringern.
4. Politische Zusammenarbeit: BRICS bietet eine Plattform für politische Konsultationen zu globalen Fragen wie dem Klimawandel, der Terrorismusbekämpfung oder der Förderung der multipolaren Weltordnung. Die Mitglieder teilen die Ansicht, dass die Welt multipolarer werden sollte, also nicht nur von westlichen Mächten dominiert werden darf.

Herausforderungen:

Trotz der gemeinsamen Ziele gibt es innerhalb der Gruppe einige Differenzen, insbesondere in den wirtschaftlichen Interessen und geopolitischen Zielen der einzelnen Länder. China ist beispielsweise wirtschaftlich weitaus mächtiger als die anderen Mitglieder, was ein Ungleichgewicht schaffen kann. Dennoch bleibt BRICS eine wichtige Plattform für die Koordination von Schwellenländern und wird als potenzielles Gegengewicht zu westlichen Institutionen gesehen.

Fakt ist im Moment wohl lediglich, dass sich die wirtschaftlichen und politischen Machtverhältnisse weltweit verändern. Zu wessen Gunsten und mit welchen Auswirkungen auf bestehende Allianzen und Bündnisse bleibt der Entwicklung der kommenden Jahre vorbehalten.

Mehr über Nordzypern erfahren Sie in verschiedenen Artikeln auf meinem Blog Blog – Nordzypern für Investoren (nordzypernfuerinvestoren.at). Viel Vergnügen beim Stöbern!